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Panel Digitale Spaltung

Teilnehmende: Karsten Weber, Halina Wawzyniak, Kathrin Englert

Karsten Weber stellt Fakten aus dem Nonliner-Atlas 2011 vor und kommentiert:
Ostdeutsche Länder schneiden weit schlechter ab als westdeutsche. Mehr Männer als Frauen online. 14-19 Jahre: 97,6% online. Wird wahrscheinlich nicht viel mehr.
70+: 21,9% Offliner. Seit 2011 steigt Onlinerzahl ziemlich linear. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland auf Platz 7, hinter den skandinavischen Ländern. Es gibt eine Ost/West-, aber auch eine Nord-/Süd-Spaltung. Hat nicht nur ökonomische Gründe, sondern auch kulturelle.

Folgerungen aus diesen Daten: Demographie, Wanderung von Ost nach West. Ostdeutsche Länder leiden an Veralterung, daher auch regional geringere Nutzungszahlen. Dass Ältere eher konservativ sind, ist jedoch nichts internetspezifisches. Vielleicht ist auch schlichtweg der Nutzen der Internetnutzung für Jüngere höher als für Ältere, die nicht mehr ins Berufsleben eingebunden sind und sich überwiegend aus der Zeitung informieren. Keine Technologie wird zu 100% genutzt. Nicht jeder fährt Auto. Auch gibt es bei vielen Medien Altersunterschiede: Ältere lesen mehr Zeitungen als Junge.

Es heißt immer: Technologie wirkt emanzipatorisch. Das stammt aus den 60er und 70er Jahren, vergl. Diskussion um emanzipatorische Funktion des Fernsehens. Bürgerfernsehen etc. solle zur politischen Partizipation und Bildungsprozessen beitragen. Jedes noch so kleine gesellschaftliche Projekt sollte damit gelöst werden. Mark Warschauer, Technology and Social Inclusion: Den Leuten einfach Technik zu geben, bringt in Sachen Partizipation nichts.

Wozu wird das Netz genutzt? Am meisten für private Netzwerke und Communities, für Videoportale, Wikipedia etc. Die meisten nutzen das Netz als Konsummedium. Die Schließung einer digitalen Spaltung wird also nicht zu mehr Partizipation beitragen.

Kathrin Englert: stellt ihre vorab eingereichten Thesen vor. Internetanschluss wird Hartz IV-Empfängern von den Sozialgerichten oft nicht genehmigt. Teilweise gibt es nicht mal ein Darlehen dafür. Hartz IV sieht 6 Euro im Monat für Internet, Software etc. vor. Studie: Was bedeutet Internet für gesellschaftliche Teilhabe von Erwerbslosen? Ergebnis: Internet hat hohes Potenzial, geringes Einkommen und gesellschaftliche Ausgrenzung zu kompensieren. Wird umso wichtiger bei Personen, die nicht nur erwerbslos, sondern auch noch mobil oder in sonstiger Hinsicht eingeschränkt sind. Internet wird zunehmend zu einer Voraussetzung von Teilhabe: Sogar die Mitarbeiter der ARGE verweisen auf das Internet als Informationsquelle.
Fazit: Internet bzw. Computerbesitz muss zur Grundversorgung für Erwerbslose gehören, nur Telefon reicht nicht.

Halina: Kann es sein, dass sich die digitale Spaltung demographisch erledigt, aber als soziale Spaltung bestehen bleibt?

Englert: Eine gesetzlich verordnete digitale Spaltung wird sich nicht von selbst auflösen.

Weber: Wem wollen wir was in welchem Maße zugestehen, und warum? Ist der Zugang zum Internet Garant für Teilhabe? Nein, das ist Humbug. Teilhabe ist etwas Soziales, nichts Technisches. Wenn Teilhabe möglich ist, ohne dass man die Technik nutzt, muss man die Technik auch nicht zur Verfügung stellen. Es müssen dafür immerhin Ressourcen gebunden werden, die an anderer Stelle fehlen. Wenn Ressourcenknappheit besteht, muss eine Gesellschaft sich darauf verständigen, wofür sie ihre Ressourcen einsetzt. Bestimmte Gruppen schaffen es im Moment, ihre Themen in die politische Debatte zu bringen. Aber ist eine Breitbandverbindung wirklich wichtiger als Lehrmittelfreiheit? Für Bildungsprozesse fehlt zweifellos Geld, aber einfach nur Technik hinzustellen, reicht nicht.

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2 Responses to “Panel Digitale Spaltung”

  1. Mathias sagt:

    Bis auf Herrn weber fand ich das Panel gut, aber die Studie lesen kann ich echt alleine. Was man heute alles Wissenschaftler nennt, naja.

  2. Dietmar sagt:

    Schade, dass das Panel so mutlos endete. Sicherlich reicht es nicht, den Benachteiligten neue Technik hinzustellen. Das Beispiel Bürgerfernsehen trifft zwar zu, aber es gibt auch etwa 200 Bürgerradios und offene Radiokanäle allein im deutschsprachigen Raum und sie schaffen täglich neue Medienkompetenz und politische Sprachfähigkeit. Webstreams und Podcasts helfen ihnen, unabhängig zu bleiben. Ein Internet-Zugang gehört unbedingt in den Grundbedarf der Hartz-Gesetze!

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