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Bild:  Jaron_Lanier7 von Luca Vanzella / flickr / CC BY-SADer Philosoph Byung-Chul Han hält die Verleihung des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an den US-amerikanischen Informatiker Jaron Lanier für eine falsche Entscheidung und begründet dies wie folgt:

Das Urteilsvermögen von Jaron Lanier ist offenbar sehr begrenzt. Ihm bleibt die Janusköpfigkeit des digitalen Mediums verborgen. In seiner Naivität lag er vollkommen falsch mit seiner Vision der freien, grenzenlosen Kommunikation im Netz. Angesichts der Internetmonopole wie Google und Facebook, die uns ausbeuten, uns einer digitalen Leibeigenschaft unterwerfen, bietet Jaron Lanier nun eine Lösung an. Sie ist wieder verblüffend und grandios naiv. Er schlägt vor, ein universales System der Mikrozahlung aufzubauen, das uns für die von Großkonzernen genutzten, von uns generierten Daten belohnt.“

und führt darüber hinaus weiter aus:

Das Problem, das wir heute mit dem Internet haben, lässt sich nicht ökonomisch lösen. Es ist vor allem ein politisches Problem. Die Politik überlässt die Digitalisierung der Gesellschaft der Ökonomie. Es findet keine politische Steuerung statt. Die weitgehende Untätigkeit der Politik, ja deren Lähmung ist der eigentliche Skandal.“

Weiterlesen beim Freitag.

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One Response to “Jaron Lanier ist die falsche Wahl”

  1. Danke für den Hinweis auf den Freitag. Im Grunde ist ja das eigentlich Verwunderliche, warum es je nach Rechnung fast zehn Jahre gedauert hat, bis dieser rastalocken-getarnte Prophet einer ultra-neoliberalen, technisch umzusetzenden Neuausrichtung des Netzes hierzulande hoch und runter geleiert wird. Denn schon 2007 schoß er Breitseite gegen Open Source und Freie Software mit seinem Artikel „Long Live Closed-Source Software!“. Keimform diskutierte seine Mikropaymentideen 2006 anlässlich eines Spiegelinterviews. Und bereits im Frühjahr 2006 hatte er am Beispiel Wikipedia seine rhetorische Keule des „Digitalen Maoismus“ formuliert, die er allen über die Birne zieht, die sich nicht mit der Ausweitung der Handlungsfähigkeit von Individuen zufrieden geben (wie Lanier und überhaupt die beste aller Welten, auf die er aus den Berkeley Hills hinabschaut), sondern auch in der Organisierung gegen Verhältnisse, die genau dieses Empowerment verhindern, eine notwendige Handlungsebene sehen. Letzteres ist für ihn kollektivistisch und extrem böse: Sowas kommt nur „from the extreme Right or the extreme Left in various historical periods“ (Lanier). Dass das Literaturgeschäft ausgerechnet jetzt den Hype um Lanier startet, wo die Branche am Übergang zum E-Book steht und damit nicht untergehen will, wie einst die Musikbranche mit mp3, zeigt, wo die Strategen des Geldverdienens mit Büchern ihre Perspektive sehen: Hänge an jeden Buchstaben einen mikroskopisch kleinen Betrag, der automatisch vom Konto abgezogen wird, bevor wer ihn sehen darf und alles wird gut. Bis aufs letzte Bit hinunter fest verdrahteter Kapitalismus. Wikipedia würde dann, wie einst der Große Brockhaus, mehrere Tausend Euro kosten und – haben wir diese bezahlt – würde die Gesichtserkennung unseres Rechners verhindern, dass mehr als eine Person auf den Monitor guckt, oder eben auch diese „Schwarzleser“ abziehen…

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