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Ausgerechnet aus Thüringen!

Whitfield Diffie und Bruce Schneier, zwei Entwickler wirklich harter Verschlüsselung [1]

Whitfield Diffie und Bruce Schneier, zwei Entwickler wirklich harter Verschlüsselung

Aus Thüringen kamen in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit Verfassungsschutz und Staatssicherheit die bizarrsten Meldungen. Wer hoffte, dass das nun, mit einem Linkspartei-Regierungschef und einem unter dessen Ägide neu besetzten Leitungsstuhl im Landesamt ein Ende haben könnte, wurde Anfang Februar bitter enttäuscht: Der neue Verfassungsschutzschef forderte Hintertüren [2] für die Dienste in Verschlüsselungssoftware und will Experten damit betrauen, Möglichkeiten in dieser Richtung auszuloten.

Der CCC [3] kommentiert derartige Krypto-Kriegstreiberei in aller Deutlichkeit (und macht klar, dass so keine Stimmen zu gewinnen sind im linksliberal-technikaffinen Lager – ironischerweise ausgerechnet während der Hintertüren-Spezialist Apple versucht, street credibility bei der Tech-Community zurückzugewinnen, indem er dem FBI in einer Ermittlungssache die Stirn bietet [4]):

Bevor aber überhaupt irgendwelche neuen Befugnisse gefordert werden dürfen, gilt es, die Debatte vom Kopf auf die Füße zu stellen. Es muss ausgewertet werden, welche Maßnahmen überhaupt einen echten Sicherheitsgewinn bringen. Ganz offensichtlich mangelt es den Behörden an personellen Mitteln und Willen, die Erkenntnisse und Daten, die sie schon haben, effektiv auszuwerten. Die Vergeheimdienstlichung der Polizeiarbeit durch die Verfügbarkeit immer neuer hübsch anzusehender Auswertungswerkzeuge hilft hier nicht weiter. Eine evidenzbasierte Sicherheitspolitik, die bewusst davon Abstand nimmt, ständig in widerlicher Weise zu emotionalisieren, die dagegen besser mit wissenschaftlichen Belegen arbeitet und ohne Geheimniskrämerei sowie die permanenten Versuche der Verhinderung öffentlicher Kontrolle auskommt, wäre ein erster Schritt, Vertrauen in die Behörden wiederherzustellen. Wer als verantwortlicher Politiker diesen Weg nicht beschreitet, setzt sich dem Vorwurf aus, einen kalten Putsch im Sinne der Demokratiefeinde in den Geheimdiensten zu betreiben.

Mir bleibt hinzuzufügen: Wenn eine Linke federführend an der Regierung einen Mörderbanden organisierenden Staatsschutz aka Verfassungsschutz (Stichwort: NSU) schon nicht abwickelt und selbst die V-Leute auf Ausnahmebasis weiterlaufen [5] lässt (UPDATE 8.3.16: nicht mal daran wird sich das Landesamt nach Aussage seines Leiters [6] in Zukunft noch halten), dann hätte ich wenigstens erwartet, dass die Behörde in Richtung Bürgerrechtsschutz reformiert wird. Ihre Mittel wären sinnvoller eingesetzt als bisher, wenn sich Experten etwa den Kopf zerbrächen, wie Staat und Bürger besser vor der Datenabschnorchelung durch Internet- und Kommunikationskonzerne zu schützen wären – z.B. durch Weiterentwicklung, Promotion und Einsatz von Freier Software. Stattdessen reiht sich mit dem thüringischen Verfassungsschutzchef ein leitender politischer Beamter einer Linksregierung ein in die anti-bürgerrechtliche Phalanx der Crypto-Krieger [7] – ohne von seinem Dienstherren wahrnehmbar zurückgepfiffen zu werden. Oder habe ich da – neben der Kritik [8] einiger FachpolitikerInnen, immerhin auch aus der Linkspartei – etwas verpasst?

 

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