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Das Buch „Militärrituale. Analyse und Kritik eines Herrschaftsinstruments“, meine mit einem RLS-Stipendium erarbeitete und vor fast 20 Jahren bei Papyrossa erschiene Diss, war lange Zeit nur noch gebraucht zu haben. Jetzt – etwa 10 Jahre nach dem ersten ebook-Boom bei den großen Verlagen – habe ich das Buch selbst zum eBook gemacht. Mir war wichtig dabei:

  • Seiten- und Textkonkordanz mit der Papierpublikation (um die reibungslose Überprüfung von Zitaten und allgemein die Zitierbarkeit zu garantieren),
  • ein offener Standard beim Dateiformat (um künftige Systemwechsel durch automatische Konvertierungen abfangen zu können) und
  • eine offene Lizenz (um allgemeine Verfügbarkeit und die Möglichkeit der Weitergabe zu garantieren).
  • Außerdem sollte der Dateistandard sich „responsiv“ gegenüber diversen Readern, Betriebssystemen und Gerätedesigns verhalten (das Gerät bzw. der Reader gibt vor, wie der Text dargestellt wird – und nicht das Dateiformat).

All das garantiert das epub-Format in Verbindung mit einer CreativeCommons-Lizenz (nach Rücksprache mit dem Verlag). Und hier ist es, das seiten- und textkonkordante Militärrituale-Ebook (2023v1.0) im epub-Format (Download-Alternative: Z-Library Onion-Server, Tor-Browser und Anmeldung/Login erforderlich).

Hier in diesem Blog-Artikel will ich das epub-Format kurz vorstellen und dann meine Erfahrungen schildern bei der Bearbeitung von der Textvorlage (PDF-Druckvorlagen des Verlags) zur fertigen ePub-Datei auf den weltweit verfügbaren Ebook-Servern.

EPUB (electronic publication) ist ein offener Standard für E-Books. Das Format definiert kein Layout, sondern überlässt das den jeweiligen Darstellungsprogrammen. Mit Version 3 ist es möglich, buchstabengenau auf eine Textstelle zu verweisen. Auf EPUB basierende E-Books erlauben eine dynamische Anpassung des Textes an die jeweilige Bildschirmgröße des Lesers und eignen sich damit insbesondere für die Ausgabe auf Handheld-Geräten. Im Gegensatz dazu wird beispielsweise der Text bei PDF genau wie im gedruckten Buch formatiert angezeigt. Durch die Integration von Seitenzahlen in den Fließtext kann dennoch eine Seitenkonkordanz zur PDF- bzw. Print-Version einer Publikation dargestellt werden, was beim wissenschaftlichen Zitieren sehr hilfreich ist.

Mein Workflow bei der Erstellung des epub-Ebooks:

  1. Textgrundlage sichten
  2. Textimport (Vorbereitungen)
  3. Textaufbereitung
  4. Textexport
  5. Metadaten
  6. Fertigstellung der epub-Datei
  7. Upload

Fazit: Drei Tage intensive Arbeit mit einem mühsamen Schwerpunkt: Seite für Seite Copy&Paste, um aus der PDF-Druckvorlage eine textverarbeitungstaugliche Datei herzustellen und gleichzeitig die textliche Identität („Textkonkordanz“) zum gedruckten Werk zu garantieren.

1. Sichtung und Aufbereitung der Textgrundlage

Glücklicherweise hatte ich die Druckfahnen des Verlags als PDF-Datei – ohne Security-Faxen, so dass mir der Text elektronisch und auswählbar, kopierbar und exportierbar/importierbar in der Bearbeitung letzter Hand vorlag. So musste ich mich weder mit Scanner-Hardware, noch mit Texterkennung und Überprüfung der Scan-/Texterkennungsergebnisse herumschlagen. Auch die Lizenzfragen waren schnell geklärt: Nach fast 20 Jahren hat mir der Verlag auf telefonische Nachfrage einfach alle Rechte „zurückgegeben“. Augen auf bei der Verlagswahl lohnt sich also. Danke, Papyrossa! Auf dieser Grundlage konnte ich mir eine passende CreativeCommons-Lizenz auswählen.

2. Vorbereitungen zum Import in eine Textverarbeitung

Die einen schwören ab hier auf TeX/LaTeX, für die anderen schreibe ich diesen Werkstattbericht, in dem es mit Libreoffice weitergeht, der Alternative zu Microsoft Office aus der Welt der Freien Software. Libreoffice gibts zum Download für alle wichtigen Betriebssysteme. Das Schöne an LibreOffice: Der Writer bringt die Funktion „Als EPUB exportieren…“ von Hause aus mit, zu finden im Datei-Menü unter „Exportieren als“.

Und wenn wir schon beim Installieren und Einrichten unseres Textbearbeitungssystems sind: Eine schöne Schrift, bei der keine lizenzrechtlichen Komplikationen zu erwarten sind (ja, auch Schriften unterliegen den Einschränkungen geistigen Eigentums!) ist die GNU Freefont. Meine Empfehlung: Downloaden, installieren, benutzen. Sie ist nicht nur lizenzrechtlich unbedenklich, sondern bringt Schriftsätze, Sonderzeichen und diakritische Apparate aller Weltsprachen mit Zeichenschriften mit. (Sollte wider Erwarten doch einmal ein Zeichen fehlen, dann hilft u.U. die LibreOffice-Erweiterung „Compose Special Characters“, in Extremfällen: FontForge, ein Schriftarten-Editor.)

Beim Versuch, aus der PDF-Datei eine textverarbeitungsfähige Datei zu gewinnen, bekomme ich dann sehr deutlich vorgeführt, warum ich überhaupt weg wollte von diesem proprietären Format (abgesehen von dem im Dateiformat festgelegten Layout, das auf den meisten Geräten und Plattformen eine optimale, d.h. lesefreundliche und barrierefreie Darstellung verhindert). Der vollautomatische Export funktioniert nur über Adobe Professional, das mir nicht zur Verfügung steht. Auch ein semi-automatischer Export steht nicht zur Verfügung. Wer zu den glücklichen Lizenznehmer_innen einer Adobe-Pro-Version gehört, kann es dort mit der Exportfunktion versuchen. Da der Text aber seitenweise in Textboxen platziert wird, macht es kaum einen Unterschied: Der nächste Arbeitsschritt ist so oder so der umfangreichste. (Auch die PDF-Importfunktion über Libreoffice Draw produziert nur bestenfalls eine Textbox pro Seite, aber keinen mehrseitigen ungeboxten Fließtext.)

3. Aufbereitung der Textgrundlage zum Export ins epub-Format:

Aller Text ist per Copy&Paste aus den PDF-Seiten bzw. den Textboxen (falls eine konvertierte Textverarbeitungsdatei vorliegt) in einen zusammenhängenden Fließtext in der Textverarbeitung zu kopieren. Wichtig: Dabei in einer eigenen Zeile die Seitenzahl eintragen.
(Wer als Druckvorlage bzw. als „Datei letzter Hand“ ein textverarbeitungstaugliches Format zur Verfügung hat, kann sich diesen Schritt und damit die Hauptarbeit im ganzen Vorgang selbstverständlich sparen, sollte nur die Seitenzahlen im Fließtext einfügen, um Seitenkonkordanz und damit wissenschaftliche Zitierfähigkeit zu garantieren.)

Ziel ist die ein einheitlicher Fließtext. Es bietet sich an, von Anfang an mit Formatvorlagen für die verschiedenen Textteile zu arbeiten. Das macht die Formatierungsarbeit am Ende leichter und schneller.

Bilder, Diagramme und komplexere Tabellen werden – wo sie nicht als separate Dateien vorliegen – per Screenshot zum Bild gemacht und als solches an der entsprechenden Stelle im Text eingefügt.

Die Seitenzahlen der Papierversion erscheinen in einem eigenen Absatz im Fließtext. Sie unterbrechen diesen genau an der Stelle, an der auch der Seitenumbruch das Umblättern notwendig macht. So ist das Ebook dann seitenkonkordant zur Papierversion les- und zitierbar. Impressum, Leerseiten und Anhänge nicht vergessen!

Fußnoten, Endnoten, Querverweise und Verzeichnisse werden mit der entsprechenden Funktion der Textverarbeitung eingefügt, der epub-Export kann damit im weiteren Arbeitsverlauf umgehen.

Es empfiehlt sich, alle Internetlinks auf die Verfügbarkeit der verlinkten Inhalte zu prüfen, da sie im epub bei bestehender Internetverbindung ja nur noch einen Klick weit weg sind. Viele „tote“ Links lassen sich in der WaybackMachine des Internet-Archive finden und durch Verlinkung dort hin wieder zum Leben erwecken.

4. Export ins epub-Format (aus Libreoffice)

In diesem Arbeitschritt geht es lediglich um die Erstellung einer dann im epub-Editor weiter bearbeitbaren epub-Datei aus unserer Textverarbeitungsdatei. Dafür bietet Libreoffice die Funktion „Exportieren als… als EPUB exportieren“ im Menü „Datei“. Zum jetzigen Zeitpunkt brauchen wir noch keine Meta-Daten und kein Cover-/Umschlagbild, wir können sie später ergänzen. (Vgl. bei Bedarf/Interesses die ausführliche Darstellung des EPUB-Exports aus Libreoffice.)

5. Zusammenstellung der Meta-Daten

Neben den für eine Bibliographie üblichen Angaben zum Buch empfiehlt es sich ab hier in einfacher, unformatierter Textform parat zu halten: Eine Inhaltszusammenfassung/Verlagstext/Klappentext, das Inhaltsverzeichnis und die Angaben des Impressums, insbesondere den Hinweis auf die Lizenz, unter der die Epub-Version veröffentlicht werden soll. Ich empfehle nach Absprache mit dem Buchverlag die Auswahl einer passenden CreativeCommons-Lizenz und habe mich entschieden für die Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International (CC BY-NC-ND 4.0). Beachte: Remixe sind nicht erlaubt – wissenschaftliche oder journalistische Zitatentnahmen o.ä. sind selbstverständlich von dieser Einschränkung ausgenommen. Die freie und kostenlose Weitergabe und Verteilung ist erlaubt, aber eine kommerzielle Verwertung schließt diese Lizenz aus.

6. Prüfung/Nachbearbeitung der automatisch erstellten epub-Datei in Calibre

Calibre ist ein Ebook-Verwaltungs- und Bearbeitungsprogramm. Als Freie Software ist Calibre für alle wichtigen Betriebssysteme erhältlich. Wir öffnen Calibre bzw. unsere epub-Datei aus Schritt 5 mit Calibre. Sie wird zu unserer (durch Calibre angelegten und verwalteten) Ebook-Bibliothek hinzugefügt. In der Bibliotheksansicht können wir das neue Ebook auswählen und mit „Metadaten bearbeiten“ die Metadaten ggf. aus dem Internet downloaden und anpassen oder eben vollständig selbst eingeben.

Aus der Bibliotheksübersicht heraus können wir unsere Datei im Editor öffnen. Dort kommen epub-spezifische Merkmale hinzu bzw. können sie bearbeitet werden: Ein epub-Inhaltsverzeichnis lässt sich unter Werkzeuge/Inhaltsverzeichnis anlegen und bearbeiten. Es empfiehlt sich sehr, dies (neben dem vielleicht schon im Text existierenden Inhaltsverzeichnis) zu tun, denn nur dieses epub-Inhaltsverzeichnis wird dann später auf den diversen Plattformen und in den verschiedenen Readern jeweils optimal dargestellt.
Sollte das Cover bzw. das Umschlagbild noch nicht dargestellt werden, dann lässt sich das mit „Werkzeuge/Titelbild hinzufügen“ nachholen. Schließlich sollten wir kontrollieren, ob die Schriftart(en) eingebettet ist, mit der alles hübsch aussieht und die alle unsere Sonderzeichen darstellt. Hier wird die Lizenz der verwendeten Schrift relevant. Mit der oben schon empfohlenen GNU Freefont (download) gibt es keine Rechteprobleme bei der Einbettung.

7. Upload auf den epub-Server

Der Upload des fertigen Ebooks bzw. der fertigen epub-Datei ist ein selbsterklärendes Verfahren. Der Upload beginnt von der je aktuellen Startseite (ggf. zu finden über den Wikipediaartikel) des Ebook-Servers Library Genesis: Oben auf der Seite gibt es den Menüpunkt „Upload/Upload non-fiction content“. Die Passwortabfrage beantworten wir mit dem generischen Login-Passwort-Paar: genesis und upload. Eine Registrierung zum Upload ist nicht erforderlich (Wer nicht einmal mit seiner IP in den Log-Daten des Ebook-Servers auftauchen will, nutzt zum Upload den Torbrowser.). Es folgt zuerst der Upload der Datei und dann die Möglichkeit zur Eingabe der Metadaten. Das LibGen-Wiki bietet einen Leitfaden zur Metadateneingabe. Nach dem Upload dauert es noch eine Weile (einige Stunden bis wenige Tage) bis das Buch nach einer redaktionellen Sichtung freigeschaltet und in einer Suche, etwa nach dem Autorenamen, zu finden ist. Das Online-Ebook hat dann eine Übersichtsseite, die die bibliographischen Angaben und Metadaten zeigt und ebenso Links zu den diversen Downloadmöglichkeiten (vgl. z.B. hier, Stand Februar 2023).

Schlussbemerkung, Thema „Schattenbibliotheken“

Die URL von Library Genesis und auch die Downloadlinks ändern sich leider immer wieder, da Library Genesis unter einem gewissen Verfolgungsdruck seitens der „Content-Mafia“ steht. Das ist zwar mitunter lästig – da wir aber ja unsere eigenen Bücher hochladen, an denen wir die Rechte haben und die Digital-Veröffentlichung ja auch – hoffentlich – mit dem Papier-Verlag vorab geklärt haben, müssen wir uns keine Sorgen machen. Eine ernstzunehmende, verlagsübergreifende Ebook-Plattform mit ausschließlich urheberrechtlich unumstrittenem Content habe ich trotz ausführlicher Suche nicht gefunden. Open Content Ebooks gibt es überall im Netz verteilt auf den Homepages von Verlagen, Projekten und Einzelpersonen – schwer zu finden, und wenn dann nur gezielt (und leider sehr oft nur in dem nicht gerade digital-barrierefreien PDF-Format). Zufällig drüber stolpern wird eineR da nicht. Hier wirkt offensichtlich ein Plattformeffekt zugunsten der „Schattenbibliotheken“ (mit dem Begriff klassifiziert Wikipedia das Projekt). Wer mit seinem oder ihrem Ebook gefunden werden will, muss sich wohl oder übel in der Schattenbibliothek einsortieren.

 

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