Fabio De Masi hat für die Rosa-Luxemburg-Stiftung die englischsprachige Studie «When Finance meets Big Data. Financial Technology and the Scramble for Africa» verfasst. In der Studie geht es um die großen Tech-Konzerne und wie sie es auf die Finanzmärkte und die so genannten „underbanked people“ abgesehen haben. Sie untersucht das Geschäft mit Big Data im Finanzsektor am Beispiel zweier afrikanischer Staaten.
Ausgehend von der Rolle von Geld für Investitionen und die Auswirkungen von FinTech-Unternehmen auf das Geldsystem, erörtert die Studie die besondere Rolle des FinTech-Sektors in Afrika. Die Verhältnisse in zwei der größten FinTech-Volkswirtschaften südlich der Sahara – Kenia und Südafrika – werden kurz beleuchtet und die Rolle von FinTech bei der Verbesserung der wirtschaftlichen und Armutsbekämpfung kritisch geprüft. Schließlich werden die Risiken für die politische und wirtschaftliche Souveränität erörtert. Die Studie schließt mit einigen vorläufigen Empfehlungen zu politischen Strategien, um der übermäßigen Konzentration von Daten und finanzieller Macht entgegenzuwirken.
Geld ist der Schlüssel zur sogenannten „wirtschaftlichen Entwicklung“, d. h. die Finanzierung von Investitionen und die Teilhabe an der Wirtschaft. Große Teile der Weltbevölkerung – vor allem auf dem afrikanischen Kontinent und darüber hinaus im informellen Sektor – sind vom traditionellen Bankensystem ausgeschlossen, weil sie kein regelmäßiges Einkommen haben oder kaum Ersparnisse aufbauen können. Finanztechnologie (FinTech)-Unternehmen versprechen finanzielle Eingliederung für „underbanked people“.
In Afrika südlich der Sahara nutzen FinTech-Plattformen wie M-Pesa Millionen von Menschen ohne Bankverbindung im informellen Sektor. Während viele multilaterale Organisationen Entwicklung durch unternehmensgeführte finanzielle Inklusion befürworten, kritisieren einige Ökonomen die Abschöpfung von Wert bei armen Gemeinschaften durch FinTech-Unternehmen mittels hoher Zinsen und Zinssätze und Dienstleistungsgebühren („digitaler Kolonialismus“).
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass einfaches Telefonbanking den Zugang zu Finanzdienstleistungen für die Bevölkerung ohne Bankverbindung in Kenia erleichtert hat. Allerdings ist M-Pesa immer noch stark auf städtische Gebiete konzentriert und verlangt von armen Menschen exorbitante Gebühren. Mobiles Geld finanziert Konsumschulden, anstatt Investitionen in Produktionskapazitäten von Menschen, die bisher ohne Bankverbindung gelebt haben. In Südafrika hat das digitale Bankwesen Fortschritte gemacht, aber ebenfalls mit geringen Auswirkungen auf die Investitionen.
Die afrikanischen Länder sollten den Datenschutz und öffentliches Eigentum im Telekommunikationssektor stärken, sowie Kartellrecht durchsetzen und die FinTech-Branche mindestens in gleichem Maße regulieren wie die Banken. Eine weitere Option könnte darin bestehen, lokales Data Mining zu besteuern. Außerdem sollten Barzahlungen für kleinere Beträge geschützt werden, und Zentralbank-Digitalwährungen (CBDC) sollten als ein Mittel in Betracht gezogen werden, Finanztechnologie als öffentliches Gut anzubieten.
Zur Studie (PDF, ca. 50 Seiten)