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Ende November 2016 legte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sein «Weißbuch Arbeiten 4.0» vor. Mit blumigen Worten und tollen Verheißungen wird dort eine Liberalisierung des Arbeitsrechts gerechtfertigt. Erklärtes Ziel des BMAS war und ist dabei die Vorbereitung eines »neuen gesellschaftlichen Flexibilitätskompromisses«. Jenseits blumiger Projektionen auf künftige Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und neue Freiheiten für die »work-life-balance« der Beschäftigten ist dabei eine klare Agenda erkennbar: Durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen soll künftig vom Arbeitsrecht, vor allem vom Arbeitszeitgesetz, abgewichen werden können – und zwar nach unten. Damit findet ein anderthalb Jahre währender, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) organisierter, »Dialogprozess« zur Erstellung eines Leitbildes für die Arbeitswelt der Zukunft seinen vorläufigen Abschluss.

Die RLS hat diesen Prozess mit eigenen Beiträgen begleitet. Als Herrschaftsbegriffe hat sie die Automatisierung der Arbeit und Industrie 4.0 kritisiert. Den dahintersteckenden Wandel der Zusammensetzung der Arbeit und neue Kämpfe um bessere Arbeit hat sie nicht erst seit eineinhalb Jahren im Blick. Weiterlesen

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Veränderung braucht Begriffe: Warum wir beginnen müssen, über die Smarten Worte zu streiten. Eine Einführung zum kritischen Lexikon der Digitalisierung

smarte_worte_980_640px«Künstliche künstliche Intelligenz» – diesen Begriff prägt derzeit das Unternehmen Amazon für diejenige menschliche Arbeit, die als Zuarbeit für «intelligente» Computerprogramme benötigt wird. Genaugenommen handelt es sich hierbei um eine Anspielung auf den Begriff «künstliche Intelligenz», der die menschliche Denkleistung zum Ausgangspunkt nimmt, die durch den Computer simuliert oder sogar noch übertroffen werden soll. In der amazonschen Verkehrung des Begriffs wird der Ausgangspunkt der Intelligenz auf die Maschine verlegt, die noch nicht an allen Punkten den Menschen ersetzen kann und darum maschinen-fremde, künstliche – also menschliche – Hilfe braucht.

Mensch? Maschine? Was denn nun? Computer sind datenverarbeitende Wesen. Alles, was durch Computerhände gehen soll, muss in Datenform existieren. Den Prozess der Digitalisierung könnten wir uns daher auch als Prozess vorstellen, Dinge in unterschiedlichste aus Zeichen und Symbole bestehende Informationen zu übersetzen, die diese Dinge irgendwie beschreiben. Aus Blau wird #009, aus Berlin wird 52° 31′ N, 13° 24′ O. Aus Brockhaus wird Wikipedia.org. Die Folge sind riesige Datenbestände, die unter dem Schlagwort «Big Data» Zeitungskolumnen und Investorenportfolios füllen.

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„Ich habe ja nichts zu verbergen!“ – Argumente wie diese werden oft Leuten entgegengehalten, die sich für mehr Verschlüsselung in der Online-Kommunikation einsetzen.

Der Alltag von Netzaktivisten zeigt, dass es schon schwer genug ist, immer wieder in Verschlüsselungshilfen, Workshops und Privat-Nachhilfe Verschlüsselung zu erklären, einzurichten, die Angst zu nehmen. Es ist nicht nur ermüdend sondern regelrecht demotivierend, zusätzlich die immer gleichen Argumente, die gegen eine bessere Online-Praxis ins Feld geführt werden, zu bearbeiten. Darum habe ich für die Rosa Luxemburg Stiftung jetzt eine Handreichung erstellt, die für Netzaktivisten und diejenigen, die welche werden wollen, 10 häufige Argumente gegen Verschlüsselung bearbeitet. Auf der Website der Rosa Luxemburg Stiftung kann die Broschüre als PDF heruntergeladen werden oder gedruckt unter Angabe von Postadresse und gewünschter Stückzahl per E-Mail an bestellung@rosalux.de geordert werden. Hier kann sie online kommentiert werden werden (die Kommentarwerkzeuge erscheinen oben rechts, eine Anmeldung bei hypothes.is ist nötig).

Die konkreten Möglichkeiten und Praxen der Massenüberwachung verändern sich derzeit ständig, die Gesetzeslage wird weiter verschärft und hoffentlich werden auch die Protestbewegungen und Handlungsmöglichkeiten gegen Überwachung weiter gehen. Darum werden wir auf diesem Blog unter der Kategorie Digitale Selbstverteidigung fortlaufend über die aktuellen Entwicklungen berichten.

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alskdfasldWem gehören die Daten? Facebook, Google, Apple und Co., also denen, die wir für ihre Internetdienstleistungen mit unseren Daten bezahlen, die daraus Profile errechnen, Trends ablesen und diese Erkenntnisse weiterverkaufen? Oder gehören sie uns, unveräußerlich, wie etwa die Urheberschaft im deutschen Urheberrecht? Letzteres will das User Data Manifesto 2.0 durchsetzen. Die Frage ist nicht verkehrt. Aber sie greift nicht weit genug. Evgeny Morozov, der junge Mann aus Weißrussland, dessen Entwicklung vom liberalen Dissidenten zum linken Internetskeptiker wir in den letzten Jahren in unseren Feuilletons mitverfolgen konnten, übersetzt die gute alte Forderung von der Sozialisierung der Produktionsmittel ins Informationszeitalter: Die Datenzentren sozialisieren (Original in englischer Sprache) betitelt die Zeitschrift Luxemburg ein Interview mit ihm. Die linke Tageszeitung Junge Welt startete ihr Dossier zur „Digitalen Revolution“ mit Morozov: „Gebt die Daten in öffentliche Hand. Digitale Revolution. Wie Google und Co. aufgeteilt werden könnten“.

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Durchleuchtet, analysiert und einsortiertStandpunkte_12-2015_web
Zur fortschreitenden digitalen Erfassung unseres Alltags durch Unternehmen und den damit einhergehenden Gesellschaftlichen Risiken.
Standpunkte 12/2015 von Wolfie Christl.

In den letzten zehn Jahren hat sich eine Entwicklung zugespitzt, die auf die vollständige digitale Erfassung unseres Lebens hinausläuft. Unser Alltag wird heute von Tausenden Unternehmen überwacht, die uns ständig durchleuchten, einsortieren und bewerten – und unsere intimsten Details an den Handel, an Versicherungen sowie an die Finanz- und Personalwirtschaft verkaufen. Das digitale Geschäft mit unseren persönlichen Daten läuft auf Hochtouren. Um den damit verbundenen persönlichen und gesellschaftlichen Risiken etwas entgegenzusetzen, bedarf es dringend mehr Transparenz über die zunehmend aggressiven Unternehmenspraktiken, verbunden mit einer neuen europäischen Datenschutzund Technologiepolitik.

In einer Zeit, in der die Überwachung durch staatliche Institutionen im öffentlichen Diskurs einiges an Beachtung findet, wirft der Wiener Publizist und Netzaktivist Wolfie Christl den Blick auf die oft wenig beachtete Dimension wirtschaftlicher Überwachung:

Abgesehen von Fehlern bei der Erfassung der gesammelten Daten können Fehler in den Prognosemodellen und damit falsche Schlussfolgerungen äußerst negative Auswirkungen auf einzelne Personen haben. Big Data ist weit entfernt von wirklicher Objektivität oder davon, wirklich zuverlässige Vorhersagen zu liefern. Die Prognosen sind prinzipiell unscharf, da sie auf Korrelationen und Wahrscheinlichkeiten beruhen. Wer beispielsweise die «falschen Personen» kennt, im «falschen Bezirk» wohnt oder sich bei der Anwendung einer Smartphone-App «falsch verhält», muss damit rechnen, entsprechend klassifiziert zu werden, und negative Konsequenzen tragen, ohne sich dagegen wehren zu können. Wenn Versicherungsunternehmen die Risikoabschätzung zunehmend von Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen abhängig machen, werden dadurch außerdem Risiken immer mehr individualisiert. Auch eine Verweigerung der Teilnahme an der Datenerfassung kann Konsequenzen haben: Wenn keine oder zu wenige Daten über eine Person vorliegen, schätzt ein Unternehmen das Risiko für eine Kundenbeziehung unter Umständen prinzipiell als zu hoch ein.

Wer tiefer in das Thema Überwachung druch Wirtschaftsakteure einsteigen möchte, der oder dem sei die Studie «Kommerzielle digitale Überwachung im Alltag» des Autors empfohlen. Einen guten Einstieg bietet außerdem die Radiosendung «Wie mit unseren Daten Geld verdient wird» von Sebastian Strube.

Weiter zur Publikation: www.rosalux.de/publication/41426

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Standpunkte_07-2015Standpunkte 7/2015 von Brett Scott. www.rosalux.de/publication/41301

Brett Scott beschäftigt sich in seinem Text mit dem Kern der Bitcoin-Innovation, der sogenannten Bitcoin-Blockkette (engl. block chain), und den damit verbundenen Empowerment-Versprechen.

«Für viele Außenstehende sind Bitcoins eine kuriose Modeerscheinung, ein Fehlzünder, der bald der Medienlangeweile zum Opfer fallen wird. Doch das ist ein Irrtum. Im Kern der von Bitcoin geleisteten Innovation steckt weit mehr als nur eine neue Währung. Deshalb wird sie auch nicht einfach wieder verschwinden»

Scott weiter:

«BefürworterInnen verbinden mit Bitcoin die Möglichkeit, aus dem bestehenden System auszusteigen. Aber wohin eigentlich? Die Vorstellung eines Ausstiegs ins Internet ist bizarr, weil das Internet von massiven Investitionen des Staates und der Konzerne in die physische Infrastruktur abhängig ist, von auf dem Meeresboden verlegten Glasfaserkabeln, der Massenproduktion von Computern durch schlecht bezahlte ArbeiterInnen in Fernost und vom breiten Wohlstand in den Ländern des Westens. Die eine Seite des krypto-anarchistischen Mantras «Schutz der Privatsphäre der Schwachen und Transparenz für das Agieren der Mächtigen» ist an und für sich ein gesunder radikaler Impuls. Konservativ wird es, sobald allein der Schutz der Privatsphäre soziales Empowerment ermöglichen soll. Die Annahme, dass Empowerment vor allem daraus erwächst, in Ruhe den eigenen individuellen Interessen nachgehen zu können, ist im Kern die Ideologie der bereits Mächtigen, nicht die der Schwachen.»

Der Text ist auch in einer englischen Fassung in der Reihe «Policy Paper» erschienen:

Brett Scott
Visions of a Techno-Leviathan
The Politics of the Bitcoin Blockchain
www.rosalux.de/publication/41131

Zum Thema Bitcoin gibt es darüber hinaus auch eine Videodokumentation unserer Veranstaltung «Bitcoin und Kryptowährungen Ein kritischer Blick auf die neuen digitalen Zahlungsmittel» mit Beat Weber und Nadja Rakowitz.

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Standpunkte_02-2015Soeben erschienen: Die Entstehung des digitalen Prekariats. Crowdworker im Internet haben kaum Rechte und verdienen wenig – dennoch beginnen sie sich zu organisieren. Standpunkte 2/2015 von Sebastian Strube.

Outsourcing ist allgemein bekannt. Die Weiterentwicklung dieses Prinzips heißt Crowdsourcing: Arbeit wird nicht mehr in Billiglohnländer outgesourct, sondern an all die Menschen, die sich im Internet herumtreiben – an die Crowd. Im Netz entsteht dadurch ein neuer Niedriglohnsektor, der die Art, wie wir arbeiten, so stark verändern könnte wie einst die Erfindung des Fließbands vor knapp 100 Jahren. Auf der Plattform Mechanical Turk von Amazon etwa schuften hunderttausende AkkordarbeiterInnen aus 190 Ländern oft für zwei bis drei Euro pro Stunde. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland viele Firmen mit ähnlichen Angeboten. Das neue digitale Prekariat hat praktisch keine Rechte und verdient wenig. Dennoch sehen sich viele Crowdworker nicht als Opfer, sondern als Avantgarde einer neuen digitalen Arbeiterklasse, die gerade anfängt, sich zu organisieren, und die ihr Recht auf Teilhabe an der digitalen Gesellschaft einfordert.

Im vergangenen Jahr fand in Berlin auch eine Veranstaltung mit Sebastian Strube statt, eine Audioaufzeichnung der Veranstaltung gibt es hier.

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Das gesamte Buch zum Download (cc)

Das gesamte Buch zum Download (cc)

Thema dieses Buchs ist nicht die Piratenpartei, obwohl sie in jedem Beitrag gegenwärtig ist. Für uns interessanter ist der Zauber, der ihren Aufstieg begleitet (hat?), also ihr Potential und ihr Projekt, das sich darauf bezieht. Beide sind älteren Datums. Demokratie, Transparenz, individuelle Freiheit und universelle Teilhabe: so lassen sich die proklamierten Ziele aller Emanzipationsbewegungen seit den bürgerlichen Revolutionen des 17. und 18. Jahrhunderts beschreiben. Sie wurden – trotz einiger Fortschritte und Annäherungen – bis heute letztlich nicht verwirklicht, aber unter immer wieder veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen erneut auf die Tagesordnung gesetzt. […] Das Versprechen, das in den programmatischen Äußerungen dieser Partei zum Ausdruck kommt, setzt zugleich ein älteres Paradigma fort: wissenschaftlich-technischer Fortschritt als notwendige, wenngleich nicht hinreichende Voraussetzung für die Verwirklichung emanzipatorischer Ziele und von Wohlfahrt. Zugleich entstehen neue Gefahren, die diese Werte bedrohen. […] Die Aufsätze dieses Bandes – dessen Autorinnen und Autoren verschiedenen Parteien angehören und die sich in ihren Beiträgen teilweise aufeinander beziehen – artikulieren Hoffnungen und Warnungen. Sie erscheinen im Vorfeld einer Wahlbewegung und gehen davon aus, dass der doppelte Gegenstand ihrer Beobachtung – das durch die Digitale Revolution bereitgestellte Potential und das politische Projekt, welches daran anknüpft – auch danach noch aktuell bleiben wird, in welcher parteipolitischen Ausformung auch immer.

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