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Das Microsoft-Dilemma…

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Europaweite Schlagzeilen zum Thema „Microsoft Dilemma“ Bild: Christian T. Joergensen via Investigate-Europe [2]

…auch in der Rosa-Luxemburg-Stiftung? Dazu: Eine sehenswerte Fernsehdoku in der ARD-Mediathek [3]!

Schaut Euch bitte den Film an und/oder erlaubt mir einige Anmerkungen und Verweise, warum ich dieses Thema für höchst relevant halte für uns als Rosa-Luxemburg-Stiftung, und zwar nicht als technisches oder administratives Problem, sondern als ein Thema, über das wir alle reden sollten, um zu einem gemeinsamen politischen Willen zu kommen: Windows 7 kommt in die Jahre. Anfang 2020 erzwingt Microsoft die Aktualisierung auf Windows 10, indem sie den Support für Windows 7 abschalten [4] („End of Life – EOL“). Aber ist die Verwendung von Software aus dem Hause Microsoft überhaupt noch vertretbar?

Die Bedenken gegen Windows 10 [5] und Microsoft sind bekannt. Nachdem das Thema Mitte 2017 europaweit Wellen geschlagen hatte (siehe Abb.), widmete sich ihm jetzt sogar der öffentlich-rechtliche Fernseh-Mainstream: Eine große ARD-Reportage stößt auf der Basis der Recherchen von Investigate-Europe [2] und der Fachzeitschrift c’t [6] auf das titelgebende „Microsoft-Dilemma“. Die bundesweiten und europäischen Datenschutz- und -sicherheitsziele öffentlicher Verwaltungen und privater Firmen seien mit Windows 10 gar nicht mehr erreichbar (so das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht [7] nach eigenen Tests und Messungen im September 2017). Microsoft lügt auch mit seiner Werbung [8] für „Cloud mit deutscher Daten-Treuhand“, wenn behauptet wird, dass die Daten ausschließlich an zwei Standorten von T-Systems in Deutschland bleiben, wie eine Untersuchung der Fachzeitschrift iX [9] belegt:

Langer Rede kurzer Sinn: Es ist keineswegs so, dass die Azure-Instanzen datenschutzrelevante Daten im Geltungsbereich deutscher Datenschutzgesetze halten. … Fazit: Auch unter der Obhut des „Treuhänders“ T-System sind die Daten der Azure-Instanzen nicht nachprüfbar sicher, nicht einmal vor US-Zugriff. Warum dieser Dienst trotzdem mit etlichen Zertifizierungen aufwarten kann, wissen wohl nur die Zertifizierer selbst. Tatsächlich die Systeme untersucht hat da offenbar niemand.

Grundsätzliches über Hintertüren, die neuen Cryptowars [10] und was man dagegen tun kann [11], hat Susanne Lang auf diesem Blog bereits geschrieben. In der Praxis scheint aber ein Ausstieg aus Windows unmöglich, der Aufwand zu hoch. Rechtliche Vorgaben für Vergabeverfahren werden europaweit systematisch umgangen [12] – auf allen Verwaltungsebenen und beinahe flächendeckend. Neben dem vermeintlichen Scheitern der Windows-Alternative Linux in München, mit dem ich mich im Analysenformat für die RLS [13] selbst beschäftigt habe, kommen aber auch positive Beispiele zu Sprache.

Also „Weiter so!“ trotz fragwürdiger datenschutz [14]– (S. 124ff) und vergaberechtlicher [15] Bedingungen und unberechenbarer und damit für jede Kalkulation riskanter Lizenzpolitik [16]? Greift der Vorwurf: „Behörden ignorieren Sicherheitsbedenken gegenüber Windows 10 [17]„? Mal ganz abgesehen von der politischen Forderung der Kampagne „Public Money – Public Code!“ [18], die lieber Menschen fördern will statt Monopolkonzerne [19]. Darüber hinaus wünschenswert wäre eine sozialistische Technopolitik, die die Produktion digitaler Güter auf die Basis von Kooperation [20] stellen will statt auf die der Konkurrenz. Ein interessanter Strang gegenwärtiger utopie- und transformationstheoretischer Debatte imaginiert dies unter Imaginationen wie Commonismus, Keimform, Implex und Ecommony [21].

Die 45-minütige Fernsehdoku ist in der ARD-Mediathek [3] noch bis zum 19.5.2018 zu sehen – und dann wahrscheinlich unter wechselnden Adressen bei youtube. Sie bietet Wissenswertes und Diskussionswürdiges gar nicht so sehr nur für Technik-Nerds, sondern für alle, die die Frage beschäftigt: Wie will ich, wie wollen wir eigentlich arbeiten?

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