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Europaweite Schlagzeilen zum Thema „Microsoft Dilemma“ Bild: Christian T. Joergensen via Investigate-Europe

…auch in der Rosa-Luxemburg-Stiftung? Dazu: Eine sehenswerte Fernsehdoku in der ARD-Mediathek!

Schaut Euch bitte den Film an und/oder erlaubt mir einige Anmerkungen und Verweise, warum ich dieses Thema für höchst relevant halte für uns als Rosa-Luxemburg-Stiftung, und zwar nicht als technisches oder administratives Problem, sondern als ein Thema, über das wir alle reden sollten, um zu einem gemeinsamen politischen Willen zu kommen: Windows 7 kommt in die Jahre. Anfang 2020 erzwingt Microsoft die Aktualisierung auf Windows 10, indem sie den Support für Windows 7 abschalten („End of Life – EOL“). Aber ist die Verwendung von Software aus dem Hause Microsoft überhaupt noch vertretbar?

Die Bedenken gegen Windows 10 und Microsoft sind bekannt. Nachdem das Thema Mitte 2017 europaweit Wellen geschlagen hatte (siehe Abb.), widmete sich ihm jetzt sogar der öffentlich-rechtliche Fernseh-Mainstream: Eine große ARD-Reportage stößt auf der Basis der Recherchen von Investigate-Europe und der Fachzeitschrift c’t auf das titelgebende „Microsoft-Dilemma“. Die bundesweiten und europäischen Datenschutz- und -sicherheitsziele öffentlicher Verwaltungen und privater Firmen seien mit Windows 10 gar nicht mehr erreichbar (so das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht nach eigenen Tests und Messungen im September 2017). Microsoft lügt auch mit seiner Werbung für „Cloud mit deutscher Daten-Treuhand“, wenn behauptet wird, dass die Daten ausschließlich an zwei Standorten von T-Systems in Deutschland bleiben, wie eine Untersuchung der Fachzeitschrift iX belegt:

Langer Rede kurzer Sinn: Es ist keineswegs so, dass die Azure-Instanzen datenschutzrelevante Daten im Geltungsbereich deutscher Datenschutzgesetze halten. … Fazit: Auch unter der Obhut des „Treuhänders“ T-System sind die Daten der Azure-Instanzen nicht nachprüfbar sicher, nicht einmal vor US-Zugriff. Warum dieser Dienst trotzdem mit etlichen Zertifizierungen aufwarten kann, wissen wohl nur die Zertifizierer selbst. Tatsächlich die Systeme untersucht hat da offenbar niemand.

Grundsätzliches über Hintertüren, die neuen Cryptowars und was man dagegen tun kann, hat Susanne Lang auf diesem Blog bereits geschrieben. In der Praxis scheint aber ein Ausstieg aus Windows unmöglich, der Aufwand zu hoch. Rechtliche Vorgaben für Vergabeverfahren werden europaweit systematisch umgangen – auf allen Verwaltungsebenen und beinahe flächendeckend. Neben dem vermeintlichen Scheitern der Windows-Alternative Linux in München, mit dem ich mich im Analysenformat für die RLS selbst beschäftigt habe, kommen aber auch positive Beispiele zu Sprache.

Also „Weiter so!“ trotz fragwürdiger datenschutz– (S. 124ff) und vergaberechtlicher Bedingungen und unberechenbarer und damit für jede Kalkulation riskanter Lizenzpolitik? Greift der Vorwurf: „Behörden ignorieren Sicherheitsbedenken gegenüber Windows 10„? Mal ganz abgesehen von der politischen Forderung der Kampagne „Public Money – Public Code!“, die lieber Menschen fördern will statt Monopolkonzerne. Darüber hinaus wünschenswert wäre eine sozialistische Technopolitik, die die Produktion digitaler Güter auf die Basis von Kooperation stellen will statt auf die der Konkurrenz. Ein interessanter Strang gegenwärtiger utopie- und transformationstheoretischer Debatte imaginiert dies unter Imaginationen wie Commonismus, Keimform, Implex und Ecommony.

Die 45-minütige Fernsehdoku ist in der ARD-Mediathek noch bis zum 19.5.2018 zu sehen – und dann wahrscheinlich unter wechselnden Adressen bei youtube. Sie bietet Wissenswertes und Diskussionswürdiges gar nicht so sehr nur für Technik-Nerds, sondern für alle, die die Frage beschäftigt: Wie will ich, wie wollen wir eigentlich arbeiten?

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