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Zwischen 2017 und 2022 hat die RLS das Phänomen der zunehmenden Bedeutung meist konzerneigener Plattformen im Internet („Plattformisierung“) aus verschiedenen Blickwinkeln bearbeitet. Dabei sind Online-Artikel, Studien und ein Sammelband entstanden, die hier überblicksartig annotiert seien.

  • De-Fragmentierung. Gemeinwohlbildung durch digitale Plattformen (Peter Biniok, 2017, Online-Publikation)
    Es wird die Frage diskutiert, inwiefern Plattformen zur Gemeinwohlbildung beitragen könnten und wie sie dafür bestenfalls beschaffen sein müssten. Ziel ist die konzeptionelle Erschließung der gemeinwohlfördernden Charakteristika von digitalen Plattformen.
  • Jenseits der Überwachung. Wie Netzwerkzugehörigkeit und Staatszugehörigkeit ununterscheidbar werden (Krystian Woznicki, 2017, Online-Publikation)
    These 1: Netzwerkangehörigkeit und Staatsangehörigkeit werden tendenziell ununterscheidbar. These 2: Der Vernetzungszusammenhang, der diesen schleichenden Prozess ermöglicht und der sich weder durch einen Blick von oben (Surveillance) noch einen Blick von unten (Sousveillance) erfassen lässt, befördert in diesem Kontext immer stärker eine ganz spezifische politische Fiktion. Diese lasse vor allem zwei unvereinbar scheinende Dinge miteinander kompatibel erscheinen: Die Grenzen sind dicht, der Staat ist souverän, die Nation darf sich an imaginären Herkunftsmythen berauschen; gleichzeitig nehme das neoliberale Programm weiter an Fahrt auf.
  • Den Heuhaufen filtern, um die Nadel zu finden. Polizei und Verfassungsschutz bei Facebook und Co. (Matthias Becker, o.J., Online-Publikation)
    Die Digitalisierung der Alltagskommunikation verschafft den Strafverfolgungsbehörden ungeahnte Möglichkeiten für die Verdachtsgewinnung, Observation und Beweissicherung. Demnächst werden möglicherweise Daten aus dem «Internet der Dinge» (also vernetzten elektronischen Geräten) hinzu kommen. Trotz der häufigen Klagen über die Datenflut, bewertet die Polizei diese neuen Methoden als positiven Zugewinn. Mit OSINT lassen sich Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellen und soziale Beziehungen und Rollen analysieren. Angesichts dieser Entwicklung führe die Forderung nach mehr individuellem Datenschutz nicht sehr weit. Nötig sei darüber hinaus eine Kritik der Organisationsformen und Arbeitsweisen und der Aufgaben der Strafverfolgungsbehörden.
  • Visueller Aktivismus mit Instagram. Politische Kommunikation in sozialen Medien (Tanja Maier, 2021, PDF-Studie)
    Hier geht es um die Funktionsweise von Instagram und deren personalisierter Algorithmen. Die Studie schlägt vor, Instagram als politisches Forum zu nutzen und nennt geeignete Strategien, um linke Inhalte sichtbar zu machen. Sie ist damit Teil eines RLS-Projekts, in dem Potenziale von linkem Aktivismus auf den Plattformen analysiert und Angebote für Aktivist*innen entwickelt werden. Ende 2019 erschien die Youtube-Studie «Von Influencer*innen lernen». Ebenfalls 2021 erschien die Tiktok-Studie «Schluss mit lustig?». Die Analyse der Macht der Algorithmen und die Möglichkeiten einer «Technopolitik von unten» (Simon Schaub) gehen dabei Hand in Hand, so ein Fazit aus dem die Studien generierenden RLS-Projekt.
  • Plattformkapitalismus und die Krise der sozialen Reproduktion (Moritz Altenried, Julia Dück, Mira Wallis, 2021, Sammelband: Westfälisches Dampfboot, Volltext-PDF)
    Nicht zuletzt die gegenwärtige Krise um die Ausbreitung des Coronavirus zeigt, wie sehr sich Plattformunternehmen bereits zu zentralen Infrastrukturen der Reproduktion entwickelt haben – ein Aspekt, der in Diskussionen um digitale Plattformen zumeist unterbelichtet bleibt. Auch wenn selten in diesem Zusammenhang diskutiert, intervenieren Plattformen wie Helpling, Deliveroo, Care-dot-com, Airbnb (dazu auch 2021 eine eigene Broschüre), Uber und viele weitere direkt oder indirekt in soziale Reproduktionsverhältnisse. Dies betrifft etwa die Betreuung von Kindern, Ernährung oder Pflege ebenso wie die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung oder die gesamtgesellschaftliche Organisation dieser Tätigkeiten. Damit sind nur einige Beispiele eines multidimensionalen Verhältnisses zwischen neuen Formen digital vermittelter und organisierter Arbeit und sozialen Reproduktionskrisen genannt.
  • Don’t shoot the Messenger! Telegram als Instrument für linken Aktivismus (Sophia Jendrzejewski/Celine Strufe, 2022, PDF-Studie)
    Telegram ist «Dark Social», ein digitaler Räume, der nicht durch Dritte einsehbar ist. Charakteristisch für diese Räume ist außerdem, dass Nutzer*innen nicht zufällig auf sie stoßen, sondern ein Zugangslink geteilt werden muss. Bisherige Veröffentlichungen zu Telegram gingen vor allem auf die Nutzung solcher geschützten Räume durch rechte Gruppierungen und die damit verbundenen Probleme ein. Was fehlt, ist die Betrachtung von Dark Social als Schutzraum für vulnerable Gruppen und der sich daraus ergebenden Möglichkeiten für linken Aktivismus. Die Studie erörtert das Mobilisierungspotenzial linker Kanäle auf Telegram. Sie untersucht ferner, wie linke Akteur*innen den Messengerdienst für sich nutzen, welche Themen sie ansprechen und auf welche Funktionen und Strategien sie dabei zurückgreifen.
  • Linke Kommunikation in Podcasts. Eine Analyse der progressiven «Podosphäre» anhand aktueller Akteurs- und Themenfelder (Nele Heise/Erik Meyer, 2022, PDF-Studie)
    Podcasts boomen. Laut einer Online-Studie von ARD und ZDF nutzen inzwischen 19 Millionen Menschen in Deutschland Podcasts – das sind fast 20 Prozent der Bevölkerung. Unter jüngeren Nutzer*innen liegt die Zahl noch weit höher. Gleichzeitig ist das Angebot an Podcasts rasant gestiegen. Hatte der Marktführer Spotify 2018 noch 2.000 Podcasts im Angebot, waren es vier Jahre später bereits 70.000. Podcasts werden zwar immer noch großenteils von individuellen Akteur*innen produziert; inzwischen betreiben aber auch zahlreiche Institutionen, Verbände und soziale Bewegungen Podcasts zu politischen, sozialen und historischen Fragen.

 


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