Feed on
Posts
Comments

Glückliche Kinder dank TikTok

Habs ja schon immer gesagt und erzeuge damit in Runden auf Parties und in Seminarräumen immer wieder Momente betroffenen Schweigens: Der schon wieder mit seinen haltlosen Extrempositionen. Das Kassandra-Problem: Wer zu früh dran ist mit deutlichen Warnungen, wird für bekloppt erklärt. Nachdem die Kinder in den Brunnen gefallen sind, gibts in der Regel mehr Aufmerksamkeit. Und viel aufzuräumen für Wissenschaftler und Juristen: Wie konnte das bloß passieren? Und besonders wichtig: Wer ist schuld??

Was die Wirkung generativer KI (ChatGPT und Konsorten) angeht, da sind wir wissenschaftlich jetzt weiter. Use it or lose it heißt die Parole, mit der sich gültige Erkenntnisse der Neurologie zusammenfassen lassen: Fähigkeiten, die wir brachliegen lassen, gehen verloren. Tätigkeiten, seien es professionelle oder alltägliche, die wir an smarte Digitalassistent_innen delegieren, werden uns über kurz oder lang als eigene Fähigkeit verkümmern und verloren gehen.

The famous ‘London taxi driver experiments’ found that memorising large maps caused the hippocampus to expand in size. Williams says that the reverse is going to happen if we don’t use our brain and memory to navigate. “Our brains are just like our muscles. We ‘use it or lose it’ – in other words, if we use navigation devices for directions rather than our brains, we will lose that ability.”“ Quelle: Mark Williams, Neuro- und Kognitions-Wissenschaftler

Der Nachwuchs bekommt oft gar nicht mehr das Angebot, zunächst die analogen Fähigkeiten auszubilden – als notwendige Grundlagen für einen selbstbestimmten Gebrauch digitaler Werkzeuge. Wer arbeitet denn heute noch mit Landkarten aus Papier und nimmt sich gar die Zeit (bzw. bekommt die Zeit bezahlt), das Kindern zu erklären? Wischen alle doch viel lieber auf der Navi-App rum. Machen doch alle so. Ist halt so. Kann man nix machen. Die dumm-dreisteren nennen das dann auch noch Digitalkompetenz und schmeißen mit Digitalpakt-Milliarden drauf. Naja, ich schweife ab, zurück zur Wissenschaft. Eine internationale Forschungsgruppe (Cambridge, München, Budapest) hat jetzt herausgefunden: Der Trend zum Wissensverlust gilt angesichts des Einsatzes (generativer) KI nicht nur individuell und für Kinder, sondern auch kollektiv und gesamtgesellschaftlich: Weiterlesen

Tags: , , , , , , ,

Behutsamkeit.

Behüten steckt da drin. Das Gegenteil von Disruption. Auf diesen Begriff brachte es schon vor mehr als einem halben Jahrhundert Horst Drinda als der Lehrer Ernst Machner in „Die besten Jahre“. Dietmar Dath hebt diesen Schatz in seiner Drinda-Werkschau vom 13.1.24 in der FAZ:

… jetzt erobert Drinda eine Schulklasse, indem er, als er bei einem Sachfehler in seinem Unterricht ertappt wird, diesen entwaffnend zugibt – den Kindern sagt er, da sehe man, was passiere, wenn man keine gute Ausbildung habe, sie sollten ihre also nutzen. In Rückers Regietext steht dazu, sehr wahr: „Ihm gelingt sogar ein Lächeln“, und dieser Moment ist wohl der ganze Drinda, ähnlich wie ein Wort, das er im selben Film bei einem Wortwechsel mit einem Kybernetikbegeisterten in die Debatte wirft, als jener verlangt, man müsse auf dem Weg des Fortschritts „das ganze Land durchrechnen“ und alle dazu bringen, mitzuhelfen: Ja, sicher, sagt Drinda, aber „behutsam“, und das nicht als Ausflucht, sondern mit Autorität, denn blinder Eifer schadet nur.“ Quelle

Tags: , , , ,

Die Veranstaltung hat stattgefunden und war gut.

Mein Fazit in Parolenform: IA statt AI!

IA ist Intelligence Amplification (oder Augmentation): ein praxistheoretischer move gegen die technikzentrierte Debatte unter dem Leitstern AI. (Wikipedia übersetzt das abkürzungstechnisch weniger schön zu >Erweiterte Intelligenz< .)

Weiterlesen

Tags: , ,

ChatGPT hat seinen Spitzenplatz schon wieder an den Twitter-Konkurrenten „Threads“ aus dem Hause Meta/Facebook verloren. Quelle: statista

Letzten Donnerstag fand das IfG-Kolloquium statt zum Thema „Politische Ökonomie von ChatGPT“. Ich möchte hier kein Protokoll veröffentlichen, sondern nur einige der Materialien, die angesprochen und im Chat verteilt wurden, mehr oder weniger kommentiert zusammenstellen.

Zu Gast mit 7 Thesen (als 10 Thesen ausgearbeitet für rosalux.de) war Timo Daum, der ja schon länger am Thema arbeitet:

  • seine Monographie zum Thema: „Die Künstliche Intelligenz des Kapitals“ (2019)
  • lesenswerter Mehrteiler über das „digitale China“ (2022).
  • Artikel im Sammelband „Marx und die Roboter“ (2019), wo er schon seine polit-ökonomische Orientierung anlegt: Er geht dem aktuellen Hype um Künstliche Intelligenz nach und konstatiert, dass wir uns derzeit in einer Phase der KI-Entwicklung befinden, in der ihre Anwendungstechnologien von Digitalkonzernen massenmarktfähig gemacht und zur Alltagstechnologie werden. Damit gelinge es auch, eine neue gesellschaftliche Betriebsweise zu konsolidieren, in der die Extraktion, Auswertung und Verwertung von Daten ins Zentrum der ökonomischen Aktivität gerate.

Weiterlesen

Tags: ,

KI bleibt Thema, ich habe hier auf dem Blog die Freisetzung von KI-Algorithmen beobachtet, eine polit-ökonomische Monographie annotiert und die Richtung einer grundsätzlichen Herrschaftskritik skizziert. Dennoch habe ich auch anhand eigener Spielereien mit Open-Source-Varianten den Möglichkeitsraum dieser Werkzeuge angetestet und dabei viel gelernt.

Ein Lernerlebnis möchte ich besonders hervorheben, weil es nicht nur zentral ist, sondern notwendig, um zu begreifen, was Große Sprachmodelle überhaupt tun und können, aber eben auch nicht können. Große Sprachmodelle (large language models, LLMs) bilden die Klasse von „KI“, um die es gerade hauptsächlich geht, mit ChatGPT (OpenAI/Microsoft) als ihrem prominentesten Vertreter. Aber auch die anderen Großkonzerne sind alle mit ihren je eigenen Modellen dabei.

Mein Lernerlebnis in einem Satz: Ich habe gelernt, dass LLMs den Aufbau ihrer Aussagen u.a. mit Hilfe von Zufallsentscheidungen betreiben. Und dieses Funktionsmerkmal sollte doch in den gesellschaftlichen Debatten um den Einsatz von LLMs nicht nur eine größere, sondern überhaupt mal eine Rolle spielen.

Gelernt hab ich das bei der vergnüglichen Lektüre eines Erklärbär-Artikels des Mathematikers Stephen Wolfram:

What Is ChatGPT Doing … and Why Does It Work?

Weiterlesen

Tags: , ,

Seit Anfang Mai streiken die Schreibenden der kalifornischen Kultur-, und das ist in erster Linie: Film- und Video-Streaming-Industrie. Was bei den kürzeren Meldungen dazu oft übersehen wurde: Im Streik der »Writers Guild of America« (WGA) 2023 geht es erstmals zentral und explizit um die Forderung nach staatlicher Regulierung von sogenannter Künstlicher Intelligenz. Aus dem Forderungskatalog: „Regulate use of material produced using artificial intelligence or similar technologies“. Die Chat-Roboter sollen verboten bzw. ihr Einsatz eingeschränkt werden. In den Worten von John August, Autor von Big Fish und Aladdin und Mitglied der Verhandlungsdelegation: “The challenge is we want to make sure that these technologies are tools used by writers and not tools used to replace writers”. Längere Artikel gehen ausführlich auf diese Dimension des Streiks ein, z.B. die NYT unter dem reißerischen Titel TV’s War With the Robots Is Already Here. Der Hollywood Reporter analysiert die Potentiale der Maschinen als Streikbrecher in As Writers Strike, AI Could Covertly Cross the Picket Line. Weiterlesen

Tags: , , , , ,

chatten mit der pseudo-künstlichen intelligenz. was die proprietären können, geht auch mit open source und sogar zuhause (noch mehr technopolitischer kontext). am ende werden uns die chatbots eh nicht mehr mitreden lassen. bis es soweit ist hab ich mit github.com/ggerganov/llama.cpp heute mal so eine lokale instanz eines chatsystems installiert (idee und technischer hintergrund gut runtergebrochen). Weiterlesen

Tags: , , ,

Mangels unvoreingenommenen Bildmaterials: Fossiler Abdruck eines mehr als 500 Millionen Jahre alten, früh-kambrischen Tausendfüßlerähnlichen aus der Fundstelle Chengjiang, Yunnan, China.
Bild: Dwergenpaartje, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia

Schon vor einiger Zeit hatte Marc Püschel bei der Tageszeitung junge Welt einen zweiteiligen Artikel über das Social Credit System der VR China [1, 2]. Die beiden Texte sind nur im jW-Abo im Volltext zu haben. Wir veröffentlichen den Gesamttext hier jetzt als nach wie vor wichtigen Debattenbeitrag mit dem PDF im Volltext (mit Genehmigung der jW, die Rechte verbleiben dort – ein jW-Abo lohnt sich auch über diesen Text hinaus!).

Bei dem Text handelt sich um den nach meinem (gewiss unvollständigen) Überblick einzigen (deutschsprachigen?) Artikel (jenseits obskurer Publikationen), der das Thema Social Credit System behandelt, ohne die im NATO-Westen üblichen Vorverurteilungen als Maß aller Dinge anzulegen. (Update Ende April 23: Timo Daums skeptische Betrachtung des Social Credit Systems vermeidet es, in die populäre westliche Überwachungsschelte einzustimmen und anerkennt die hohen Zustimmungswerte vor Ort.) Weiterlesen

Tags: , , , , ,

Aktueller bildungspolitischer Sturm im Wasserglas, digitalisierungs-induziert: der „künstlich-intelligente“ Chat-Automat ChatGPT, mit dessen Hilfe das Wettrennen zwischen Prüflingen und Prüfer_innen ums Bescheißen und Entdeckt-werden in eine neue Runde geht: Die Empörung ist groß: Wo kommen wir da hin, wenn jetzt eine kalifornische KI unseren Kindern und jungen Leuten die Hausaufgaben macht!!! Weiterlesen

Tags: , , , , , ,

Im 1955 in den USA geprägten Begriff KI, zunächst auch »maschinelle I«, kreuzen sich Diskurse über Mechanik und Geist, die traditionell zumeist im Spannungs- bzw. Ausschlussverhältnis zueinander standen. Das Zeitalter der bürgerlichen Revolutionen und Aufklärung brachte das mechanistisch-materialistische Weltbild hervor. Es war die Epoche nicht nur des Uhrwerks, sondern bereits der ersten mit Lochstreifen gesteuerten Musik- und Webautomaten sowie mechanischen Rechenmaschinen wie denen von Wilhelm Schickard (1623), Blaise Pascal (1641) und Gottfried Wilhelm Leibniz (1673). Klassisch ausgearbeitet hat Thomas Hobbes diese Weitsicht in Leviathan (1651), knapp hundert Jahre später gipfelte sie in Julien Offray de La Mettries L’homme machine (1747), in dem das »neurokyber- netische Modell« des 21. Jh. sich vorgebildet findet (Tetens 1999). Den epochal siegreichen scheinbaren Gegensatz realisierte 1641 Decartes’ Dualismus von »denkender« vs. »ausgedehnter« Substanz (Meditationes de prima philosophia). Es ist dies ein Kompromiss, der – unter Wahrung des Geistvorbehalts und damit unter idealistisch-theologieverträglicher Dominanz – die gesamte Natur- und Körperwelt dem mechanischen Paradigma überlässt.

Weiterlesen im Volltext des HKWM-Artikels auf rosalux.de oder im
spaltenkonkordanten PDF-Auszug aus dem HKWM-Band 8I.


Diesen Artikel in Mastodon tröten
(Was soll das?)

Tags: , , ,

Older Posts »