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Der geneigte digitale Zeitungsleser kennt das Problem: Immer mehr Artikel verschwinden hinter teuren Paywalls. Ein Spiegel+ Abo beispielweise kostet 5 Euro pro Woche und ist damit nur geringfügig günstiger als die Printausgabe.

Eine Alternative bieten da die öffentlichen Bibliotheken mit ihren Online-Angeboten. Zahlreiche ÖBs haben ein breites Angebot von Digitalen Zeitungen und Zeitschriften. Beim Verbund der öffentlichen Bibliotheken Berlins (kurz VÖBB) kostet ein Bibliotheksausweis beispielweise 10 Euro pro Jahr, 5 Euro für Studierende, und für Schüler unter 18 ist der Ausweis sogar umsonst. Ein Nachteil bei der Nutzung dieses Angebots war für mich immer der Zugang, welcher in der Regel über Anbieter wie Pressreader, Genios, Overdrive und anderen geregelt wird. Je nachdem welche Zeitung ich lesen will, muss eine bestimmte App beziehungsweise Website genutzt werden, dies macht den Zugang umständlich und unkomfortabel.

Dieses Problem haben auch die Entwickler des Open Source-basierenden Browser-Plugins BibBot erkannt und ein Browser-Add On für Chrome, FireFox und Safari entwickelt, das automatisch beim Aufrufen eines Artikels, der sich hinter einer Paywall befindet, die verschiedenen Angebote der Bibliothek durchsucht und gegebenenfalls automatisch den Volltext freischaltet oder auf ihn verlinkt.

Dieser kostengünstigen und durch BibBot auch sehr komfortablen Alternative zu den verschiedenen Bezahlmodellen der Zeitungen und Pressedatenbanken scheinen allerdings die Interessen dieser Anbieter gegenüberzustehen. So wurde meine anfängliche Begeisterung bei der Nutzung des BibBots schnell gedämpft, als ich in den AGBs von Genios hinsichtlich der Nutzung von Software zur Auswertung von deren Datenbanken folgendes fand:

5.9. Unzulässig ist jede weitere Nutzung, insbesondere der Nachdruck, die Verbreitung der Rechercheergebnisse, der automatisierte Abruf von Daten, das Herstellen systematischer Datensammlungen (Datenbanken), der Weiterverkauf der Daten, sowie das Entfernen des Urheberrechtsvermerks.

Darüberhinausgehende Nutzungsarten sind unzulässig, es sei denn die Nutzung ist durch eine gesetzliche Regelung gestattet. Insbesondere ist die Nutzung der Daten für das Training, die Entwicklung und die Anreicherung von generativen KI-Systemen untersagt. GBI-Genios behält sich auch die Nutzung der Daten für Text und Data Mining gem. § 44bUrhG ausdrücklich vor. Bei missbräuchlicher Nutzung ist GBI-Genios berechtigt, den Online-Zugang zu sperren und behält sich die Geltendmachung weiterer Ansprüche vor.

GBI-Genios ist berechtigt, technische Schutzmaßnahmen einzubauen, um unzulässige Nutzungen zu unterbinden. Diese technischen Schutzmaßnahmen dürfen nicht umgangen werden.

Ich bin kein AGB-Jurist. Daher fühle ich mich hier eingeschüchtert: Gilt dieses Verbot auch für mich und meine individuelle Nutzung oder soll es nur gelten für Trittbrettfahrer, die das Internet und seine Serviceanbieter zum Training ihrer sog. Künstlichen Intelligenzen (eigentlich technisch korrekt: large language modells) abgrasen und dafür nichts bezahlen wollen? Mein gesunder Menschenverstand sagt mir: Der Geist dieser Formulierungen, die sich durch die ganze AGB ziehen, richtet sich nur gegen die unentgeltliche Verwertung der Bibliotheksschnittstelle zum Training generativer KI, steht ja so sogar explizit an der Stelle. Aber eine Restunsicherheit bleibt.

Das Grundproblem ist der Verwertungsdruck auf Seiten der Urheber bzw. deren Vertreter, der Verlage (nicht die Regulierung von usability tools auf Nutzer_innen-Seite). Das arbeitet in diesem Zusammenhang auch iRights heraus. Leider ist das Ideal des freien Zugangs zu Informationen und der Chancengleichheit in der Bildung durch die Digitalisierung zwar theoretisch möglich geworden, wird vermutlich aber aufgrund der finanziellen Interessen der Akteure verhindert beziehungsweise in die Illegalität gedrängt.

Öffentlich zugängliche Bibliotheken (wie z.B. auch die Bibliothek der RLS) bieten mit ihren niedrigschwelligen Angeboten oft die einzige Möglichkeit, sich kostengünstig und umfangreich auf legalem Weg zu informieren und zu bilden. Wie das Beispiel von BibBot zeigt, wird es Ihnen allerdings auch nicht immer einfach gemacht: Was schon kostenlos ist, darf nicht auch noch geschmeidig zu handhaben sein. Oder doch? Vielleicht braucht es einfach etwas Mut beim Einsatz kleiner digitaler Helfer.

 

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